Rechenschaftsbericht

des Rektors der Eberhard-Karls-Universität Tübingen
Prof. Dr. Hans-Werner Ludwig
über die Amtszeit vom
18. Juli 1995 bis zum 30. September 1996

2. Forschung

Die äußeren Bedingungen für die Forschung waren in den letzten Jahren insgesamt nicht als positiv zu bezeichnen. Erhebliche Beachtung erfuhr die Meldung, daß der Anteil der Ausgaben für Forschung und Entwicklung am deutschen Bruttoinlandsprodukt 1994 mit 2,34 % einen Tiefpunkt erreichte. Zwar schien sich für 1995 ein etwas günstigeres Bild abzuzeichnen, aber die Mitte 1996 veröffentlichten Defizitschätzungen in den Haushalten des Bundes und der Länder lassen für die Zukunft wenig Erfreuliches erwarten. Um so eindrucksvoller stellt sich vor diesem Hintergrund die Zusammenstellung der Tübinger Forschungsaktivitäten dar.

Nach wie vor bedeutet der Zugang zu Forschungsfördermitteln Dritter in den allermeisten Bereichen die entscheidende Voraussetzung für qualifizierte Forschungsarbeit. Dementsprechend sind auch die Drittmitteleinwerbungen der Universität kontinuierlich und stark angestiegen. Mit insgesamt knapp 89 Mio. DM konnte 1995 ein Anstieg um über 12 % gegenüber 1994 und über 30 % gegenüber 1990 verzeichnet werden. Im Unterschied zu den meisten anderen Landesuniversitäten hält der starke Drittmittelzuwachs der vergangenen Jahre an der Universität Tübingen nach wie vor an. Wie überall entfällt davon auf die naturwissenschaftlichen Fächer der überwiegende Anteil. Mit rund 11,5 Mio. DM ist der Anteil, der auf die nichtnaturwissenschaftlichen Bereiche fällt, in Tübingen allerdings vergleichsweise hoch, wenngleich gesehen werden muß, daß bedingt durch die Art und Organisation ihrer Forschung, einzelne Fächer sich weniger gut des Forschungsinstrumentariums der Drittmittelforschung bedienen können.

2.1 Sonderforschungsbereiche und Forschergruppen

In der Öffentlichkeit wird vor allem den großen interdisziplinären Forschungsverbünden eine besondere Bedeutung bei der Beurteilung des Ansehens einer Hochschule beigemessen. Die Universität blickt deshalb mit besonderem Stolz auf eine sehr stattliche Anzahl hervorragender Sonderforschungsbereiche und Forschergruppen, deren Arbeiten weltweit hohe Anerkennung erfahren. Im Berichtszeitraum bestanden insgesamt acht Sonderforschungsbereiche, die von der Universität allein getragen wurden, bzw. an denen Mitglieder der Universität mit eigenen Projekten beteiligt waren:

Die Sonderforschungsbereiche haben 1995 rund 12,7 Mio. DM, das sind knapp 15 %, zum Drittmittelaufkommen der Universität beigetragen.

Gegenwärtig befindet sich dieser Bereich der Tübinger Forschungslandschaft allerdings in einer Umbruchphase. Die erfolgreichen Sonderforschungsbereiche 175 und 230 sind gerade ausgelaufen, der Sonderforschungsbereich 120 befindet sich in der letzten Bewilligungsperiode, und die Sonderforschungsbereiche 307 und 323 wurden im laufenden Jahr erfolgreich für die letzte Bewilligungsphase begutachtet. Auf der anderen Seite konnte vor kurzer Zeit die Einrichtung der beiden neuen Sonderforschungsbereiche 275 und 382 erreicht werden, und nach dem überaus positiven Ergebnis der vor wenigen Tagen erfolgten Begutachtung wird der Sonderforschungsbereich 1616 "Zelluläre Mechanismen sensorischer Prozesse und neuronaler Interaktionen" bald seine Arbeit aufnehmen. Weitere Anträge aus der Medizin und aus der Biologie stehen kurz vor der ersten Begutachtung durch die DFG. In mehreren anderen Fächern finden Abstimmungsgespräche darüber statt, ob gemeinsame Forschungsvorhaben den Antrag auf Einrichtung eines neuen Sonderforschungsbereichs tragen.

Ähnlich positiv ist die Bilanz der an der Universität arbeitenden Forschergruppen. In sechs Fällen haben sich hier Wissenschaftler insbesondere aus den Bereichen Chemie und Medizin zu sehr angesehenen fachübergreifenden Forscherverbünden zusammengeschlossen:

Die Universität hofft, diese Bilanz bald durch ein beantragtes geisteswissenschaftliches Projekt im Bereich Philosophie/Informatik ergänzen zu können, das noch im Spätsommer 1996 von der DFG begutachtet werden soll.

2.2 Graduiertenkollegs

1995 förderte die DFG bundesweit 230 Graduiertenkollegs. Das Fördervolumen hierfür betrug insgesamt 85,2 Mio. DM. An der Universität Tübingen bestehen gegenwärtig acht Graduiertenkollegs, für die die DFG im vergangenen Jahr über 2,7 Mio. DM bewilligte.

Das Graduiertenkolleg hat sich zu einem der wichtigsten Instrumente zur Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses entwickelt. Zusammengenommen stehen durch diese Art der Förderung an der Universität 93 Doktorandenstipendien und 8 Postdoktorandenstipendien zur Verfügung. Seit der Einrichtung von Graduiertenkollegs konnten insgesamt rund 250 Stipendien vergeben werden. Im Vergleich zu anderen Universitäten partizipiert Tübingen weit überdurchschnittlich an den hierfür von der DFG bereitgestellten Mitteln.

Diese überaus positive Bilanz ist gerade für die geisteswissenschaftlichen Fächer von besonderer Bedeutung. Auf sie entfällt ein hoher Anteil an den hierfür nach Tübingen fließenden Drittmitteln. Das spricht dafür, daß dieses Förderinstrument den Bedürfnissen dieser Fächer offensichtlich sehr entgegenkommt und ihnen damit die Möglichkeit zur interdisziplinären Forschung eröffnet.

Der Bedarf an weiteren Graduiertenkollegs an der Universität hält an. Ein neues geisteswissenschaftliches Graduiertenkolleg ("Pragmatisierung/Entpragmatisierung: Literatur als Spannungsfeld heteronomer und autonomer Bestimmungen") hat soeben das Begutachtungsverfahren erfolgreich passiert und wird voraussichtlich im kommenden Wintersemester 1996/97 seine Arbeit aufnehmen. Im laufenden Ausschreibungsverfahren hat die Universität zwei weitere Förderanträge zur Einrichtung neuer Graduiertenkollegs in der Evangelischen Theologie und in der Medizin vorgelegt.

2.3 Geisteswissenschaftliche Zentren

Angestoßen durch die Empfehlungen des Wissenschaftsrats zur Förderung geisteswissenschaftlicher Zentren vom 11. November 1994, beauftragte das Wissenschaftsministerium den Landesforschungsbeirat, Möglichkeiten zur Errichtung geisteswissenschaftlicher Zentren im Fächerspektrum der klassischen Philosophischen Fakultät an den Universitäten in Baden-Württemberg zu diskutieren und darüber hinaus auf der Basis einer Situationsanalyse der Geisteswissenschaften in Baden-Württemberg Vorschläge zur disziplinären und fachlichen Schwerpunktbildung auf Landes- und Universitätsebene vorzulegen.

Im wesentlichen auf der Grundlage einer im Frühjahr 1995 unter den Landesuniversitäten durchgeführten Umfrage hat der Landesforschungsbeirat mit der Analyse der Situation der Geisteswissenschaften im Land begonnen. Die dabei bereits gewonnenen Erkenntnisse haben ihn bewogen, dem Land im April 1996 den Aufbau geisteswissenschaftlicher Zentren zu empfehlen. Die auf etwa 10 bis 15 Jahre befristet einzurichtenden geisteswissenschaftlichen Zentren sollen mit nennenswerten eigenen Ressourcen ausgestatten werden. Geisteswissenschaftliche Zentren sollen zunächst modellhaft an einigen wenigen Universitäten des Landes erprobt werden.

Mit ihren umfangreichen Unterlagen zur Darstellung der Situation der Geisteswissenschaften in Tübingen hat die Universität unter dem Titel "Linguistische Datenstrukturen - Theoretische und empirische Grundlagen der Grammatikforschung" dem Wissenschaftsministerium und dem Landesforschungsbeirat bereits im Frühjahr 1995 eine erste Projektskizze für einen neuen Schwerpunkt vorgelegt, der als geisteswissenschaftliches Zentrum etabliert werden könnte. Die dafür verantwortlich zeichnenden Wissenschaftler sind nun dabei, diese Skizze weiter zu konkretisieren, um bereits im Rahmen der angekündigten Modellphase ein geisteswissenschaftliches Zentrum an der Universität Tübingen etablieren zu können.

2.4 Fachübergreifende Schwerpunktsetzungen

Obwohl die Einzelforschung auch künftig in vielen Fächern von hoher Bedeutung sein wird, geht die Entwicklung in weiten Bereichen immer mehr dahin, Schwerpunkte zu bilden und durch den Zusammenschluß von Wissenschaftlern verschiedener Fachrichtungen komplexe Fragestellungen mit Hilfe unterschiedlicher Lösungsansätze anzugehen. In den Naturwissenschaften hält dieser Trend schon seit längerer Zeit an. In den Geisteswissenschaften steht sie demgegenüber eher noch am Anfang. Solche Schwerpunkte bilden sich in größerer Zahl auch an der Universität Tübingen.

2.4.1 Zentrum für die Interdisziplinäre Erforschung der Lebenswelten behinderter Menschen (Z.I.E.L.)

Im November 1995 wurde das Zentrum für die Interdisziplinäre Erforschung der Lebenswelten behinderter Menschen (Z.I.E.L.) als neue wissenschaftliche Einrichtung der Universität gegründet. Das Z.I.E.L. ist eine interfakultär getragene Einrichtung, deren Mitglieder der Fakultät für Sozial- und Verhaltenswissenschaften und der Medizinischen Fakultät angehören. Das Z.I.E.L. hat die Aufgabe, Analysen zur Lebenssituation von Menschen mit Behinderung zu erstellen und Konzepte zur Gestaltung differenzierter Lebenswelten und Hilfsangebote zu entwickeln, die die individuelle Situation der Menschen mit Behinderung, ihre jeweiligen Fähigkeiten und ihre Bedürfnisse berücksichtigen.

2.4.2 Institut für Zellbiologie

Eine zweite wissenschaftliche Einrichtung dieser Art wurde im vergangenen Jahr mit dem Institut für Zellbiologie gegründet, das sich Grundproblemen der Molekularbiologie und der Immunologie widmen und fakultätsübergreifend Grundkompetenzen auf dem Gebiet der inter- und intrazellulären Prozesse für alle Forschergruppen sowie Ausbildungsmöglichkeiten für Studierende und Nachwuchswissenschaftler anbieten soll. Die Institutsgründung ist das Ergebnis mehrerer Jahre der Planung der Medizinischen Fakultät und der Fakultät für Biologie, die die neue Einrichtung gemeinsam tragen. Durch konsequente Umschichtungsmaßnahmen konnten beide Fakultäten jeweils eine C4-Professur und einen Teil der erforderlichen Ausstattung einbringen. Einen erheblichen Teil der Grundausstattung stellt darüber hinaus das Wissenschaftsministerium zur Verfügung. Das Institut für Zellbiologie ist im neuen Verfügungsgebäude auf der Morgenstelle untergebracht. Dort hat der medizinische Teil seine Arbeiten bereits aufgenommen, während sich der biologische Lehrstuhl noch im Besetzungsverfahren befindet.

2.4.3 Interdisziplinäres Klinisches Forschungszentrum (IKFZ)

Besonders stolz ist die Universität auch über einen weiteren Schwerpunkt, der in der Medizin eingerichtet wird. Als einer von acht Standorten ist Tübingen vom Bundesminister für Bildung, Wissenschaft, Forschung und Technologie für den Aufbau eines Interdisziplinären Klinischen Forschungszentrums ausgewählt worden, das sich mit den Aufgaben der Zellbiologie in Diagnostik und Therapie bei Erkrankungen von Organsystemen befassen wird und das bis zur Jahrtausendwende über 12 Mio. DM Fördermittel erwartet. Im IKFZ werden die Forschungsaktivitäten mehrerer Kliniken, Institute und Abteilungen fächerübergreifend und integrativ gebündelt. Dabei ist geplant, sowohl die Arbeitsweisen der naturwissenschaftlichen und der theoretisch-medizinischen Grundlagendiszplinen als auch ingenieurwissenschaftliche Anwendungsmöglichkeiten eng mit der klinischen Forschung zu verzahnen.

2.4.4 Ökologisch ausgerichtete Fach- bzw. Studienrichtungen

Angewandte ökologische Fragestellungen erreichen in den naturwissenschaftlichen Disziplinen eine immer höhere Bedeutung. Diese Aussage gilt zunächst für den Bereich der Forschung. Eine Erhebung des Wissenschaftsrats aus dem Jahr 1994 bescheinigt der Universität Tübingen ein erhebliches Potential auf dem Gebiet der Umweltforschung, insbesondere in der Biologie, der Chemie und den Geowissenschaften. Im Hinblick auf die gesellschaftlichen Anforderungen und die Aufgabenfelder von im Umweltbereich tätigen Berufen gilt dies im selben Umfang aber auch für die Lehre. Im Berichtszeitraum ging es hier vor allem um zwei Aktivitäten, die das hohe Ausbildungsniveau an der Universität Tübingen sichern bzw. weiter steigern sollen.

In der Fakultät für Biologie geht es um die Physiologische Ökologie. Dieses Fach wurde bis vor kurzem durch eine C3-Professur vertreten. Mit der Pensionierung des Stelleninhabers wurde ein daran ausgebrachter kw-Vermerk vollzogen. Seither bemühen sich Fakultät und Universität mit wiederholten Anträgen an das Land, die Voraussetzungen für die Weiterexistenz dieses wichtigen Bereichs zu schaffen. Nachdem während der letzten zwei Jahre keine Bewegung zu erreichen war, scheint nun doch noch ein Durchbruch wahrscheinlich.

Um ein neues Vorhaben geht es dagegen in der Geowissenschaftlichen Fakultät. Dort sollen personelle Veränderungen genutzt werden, um im Institut für Mineralogie, Petrologie und Geochemie gezielt angewandt-umweltwissenschaftlich arbeitende Wissenschaftler zu gewinnen. Durch diese Weichenstellung sollen den Absolventen der Mineralogie attraktive neue Berufsfelder und der Forschung hochaktuelle umweltwissenschaftliche Arbeitsvorhaben erschlossen werden.

Im Mittelpunkt der angestrebten Veränderungen in der Lehre steht die Einführung eines neuen dritten Kernfachs "Angewandte Mineralogie" im Diplomstudiengang Mineralogie neben den bestehenden Kernfächern "Kristallographie" und "Petrologie und Geochemie". Das neue Kernfach soll die Bereiche Werkstoff-Forschung, Angewandte Geochemie und Umweltmineralogie umfassen. Die Einführung des neuen Kernfachs "Angewandte Mineralogie" trägt der Erkenntnis Rechnung, daß den angewandten Bereichen in den Geowissenschaften kontinuierlich ein immer größeres Gewicht in Forschung und Lehre zukommt und diese der Ergänzung durch umweltmineralogische Aspekte bedürfen.

Die zunehmende Bedeutung angewandt-umweltbezogener Fragestellungen gilt in gleicher Weise für den Bereich der Forschung und umfaßt die Arbeitsgruppen aller geowissenschaftlichen Institute. Sie findet ihren Ausdruck in innovativen und zukunftsträchtigen interdisziplinären Forschungsverbünden. So hat die Fakultät eindrucksvolle konzeptionelle Darstellungen des Forschungsverbunds Grundwasser- und Aquifer-Systeme Tübingen (GAST) und des beabsichtigten Zentrums für Angewandte Geowissenschaften (ZAG) vorgelegt, in dem die neu ausgerichtete Mineralogie eine zentrale Funktion wahrnehmen soll. Über den Zusammenschluß von anwendungsbezogen-umweltwissenschaftlich arbeitenden Geowissenschaftlern hinaus werden diese Forschungsverbünde insbesondere als Fundament für Kooperationen mit anderen Fächern und außeruniversitären Partnern dienen. Sie werden dazu beitragen, das hohe Drittmittelaufkommen der Tübinger Geowissenschaften noch weiter auszubauen.

Auch in diesem Fall steht der Verwirklichung zunächst noch ein bereits vollzogener kw-Vermerk an einer C3-Professur entgegen. Im Unterschied zur Biologie deutet sich hier jedoch noch kein Lösungsweg an.

2.4.5 Tele-Teaching

Die Forschung im Bereich Tele-Teaching hat im letzten Jahr durch technische Entwicklungen und durch die erhöhte öffentliche Aufmerksamkeit auch in der Universität Tübingen zu Aktivitäten geführt, die auf Verbesserungen im Bereich der Lehre wie der Forschung hoffen lassen.

Trotz aller Skepsis gegenüber der schnellen Realisierbarkeit der notwendigen technischen Infrastruktur wie auch gegenüber der politischen Erwartung, mit Hilfe neuer Techniken im Bildungsbereich Geld einsparen zu können, darf man davon ausgehen, daß mit dem gezielten Einsatz multi-medialer Unterrichtsformen ein Qualitätsschub in der Darstellung und Vermittlung wissenschaftlicher Inhalte erreicht wird.

Die Universität Tübingen wird daher in den nächsten Jahren verstärkt die neuen Medien nutzen, um traditionelle Lehr- und Lernmethoden durch neue Möglichkeiten aus dem Bereich Multimedia zu bereichern. Dabei werden nicht nur vorhandene Materialien einfach in neue Formate gegossen. Die Fächer der Universität werden nicht nur die Rolle von "content providers" spielen. Vielmehr wird es in der Multi-Media-Forschung darum gehen, die neuen technischen Möglichkeiten an Lernziele und -inhalte anzupassen und umgekehrt.

In den letzten Jahren haben sich an der Universität in einzelnen Fakultäten Gruppen gebildet, die sich mit der Lösung von Teilproblemen auseinandergesetzt haben. Es sind zwei Forschungsströmungen erkennbar, die in Zukunft koordiniert zusammenarbeiten wollen. Auf der einen Seite stehen die Versuche von Lehrenden, ihre Lehrinhalte mit vorhandenen Werkzeugen multi-medial zu gestalten. Auf der anderen Seite arbeitet eine Vielzahl von Forschungsgruppen an der Entwicklung eben dieser Werkzeuge, mit denen es möglich ist, inhaltliche Darstellungen in textueller, visueller und akustischer Form technisch und didaktisch den neuen multi-medialen interaktiven Informationsformen anzupassen. Die Universität Tübingen kann auf ein reiches Potential an Inhalten und Werkzeugen zurückgreifen, deren Entwickler sich im Laufe der letzten Jahre zur interdisziplinären Zusammenarbeit zusammengefunden haben.

Um die diversen Aktivitäten universitätsintern transparent zu machen und damit auch mögliche Kooperationen koordinieren zu können, wurde der "Multi-Media-Ausschuß der Universität Tübingen" gegründet. Dieser offene Kreis dient als Gesprächsbasis für alle Aktivitäten aus diesem Bereich.

Als Resultat dieser Bemühungen konnten in den letzten Monaten mehrere Projektvorschläge mit fachübergreifenden Themen vorbereitet werden. So wurde unter anderem auch für ein vom Wissenschaftsministerium ausgeschriebenes Förderprogramm ein Verbundprojekt mit den Universitäten Stuttgart und Hohenheim entwickelt. Der Tübinger Anteil umfaßt dabei außer den notwendigen Infrastrukturmaßnahmen auch elf Seminare aus bestehenden Curricula, die mit den Methoden des Tele-Teaching aufbereitet werden sollen. Desweitern werden zur Zeit für andere Förderer im Multi-Media-Ausschuß interdisziplinäre Projektvorschläge vorbereitet und mit der aktiven Unterstützung des Präsidiums der Universität vorgelegt.

Das an der Universität Tübingen vorhandene breit gefächerte Wissen um die Einsatzmöglichkeiten multi-medialer Verfahren wird deren methodisch und didaktisch sinnvollen Einsatz ermöglichen, der sich auch in Verbesserungen in der Lehre, insbesondere im Hinblick auf den sinnvollen Einsatz vorhandener Ressourcen niederschlagen wird.

Unabhängig von der Einwerbung von Drittmitteln für den Bereich Tele-Teaching, sollten die Lehrenden an der Universität auch mit "bordeigenen" Mitteln versuchen, diese neuen Techniken einzusetzen. Die Technik und die notwendigen Hilfsmittel stehen auch für Unerfahrene bereit und können jetzt schon in vielen Bereichen die tägliche Arbeit erleichtern.

2.5 Verfügungsgebäude und Medizinisch-Naturwissenschaftliches Forschungszentrum

Das Verfügungsgebäude soll als naturwissenschaftlicher Laborbau Wissenschaftlern in den Bereichen, in denen sich an der Universität Tübingen Forschungsschwerpunkte herausgebildet haben, projektbezogen die erforderlichen Forschungsflächen für ihre Arbeit bereitstellen. Dies betrifft Forschungsschwerpunkte und Sonderforschungsbereiche auf den Gebieten der Molekularbiologie, Zellbiologie, Immunologie, Biotechnologie sowie der Chemie und Physik "Neuer Materialien". Hinzu kommen Bereiche der Tierhaltung und der Tierexperimente.

Das Verfügungsgebäude wurde am 25. Juli 1995 mit einem Wissenschaftlichen Symposium feierlich eröffnet. Derzeit sind dort

untergebracht.

Des weiteren hat der Lehrstuhl "Immunologie" mit 13 Mitarbeitern seine Arbeit aufgenommen. Der zweite Lehrstuhl im Verfügungsgebäude "Molekularbiologie" ist noch nicht besetzt; die Berufungsverhandlungen laufen derzeit. Beide Lehrstühle bilden das neu an der Universität eingerichtete interfakultäre Institut für Zellbiologie.

Der Verwaltungsrat beschließt auf Empfehlung einer Kommission (12 Mitglieder) die Belegung des Verfügungsgebäudes sowie die notwendigen Investitionen. Des weiteren wurde gemäß der Benutzungsordnung ein Beirat gewählt, der aus fünf Projektleitern besteht. Mit Ausnahme der Flächen, die von Anfang an für die dauerhafte Unterbringung des Instituts für Zellbiologie vorgesehen waren, ist durch die Vergabekommission sichergestellt, daß die Laborräume des Verfügungsgebäudes der Nutzungsbestimmung entsprechend ausschließlich projektbezogen und zeitlich befristet zugewiesen werden.

Für die Ausstattung dieses hochinstallierten Gebäudes stand aufgrund von Kürzungen 1994/1995 nur ein Betrag von 5 Mio. DM zur Verfügung. Für 1996 liegen Kassenanschläge in Höhe von 2,4 Mio. DM vor. Hervorzuheben sind die Reinsträume im Gebäudeteil Chemie/Physik sowie die gentechnischen Anlagen im Gebäudeteil Biologie/Medizin. Mit der Installation der Abwassersterilisationsanlage werden in Kürze auch S2-Arbeiten durchführbar sein.

Der projektbezogenen und grundsätzlich zeitlich beschränkten Zuweisung von Laborräumen für hochqualifizierte Forschung dient außerdem das Medizinisch-Naturwissenschaft-liche Forschungszentrum ("Berghof"). Diese Zweckbestimmung konnte zuletzt allerdings nicht durchgängig eingehalten werden. Nicht anders lösbare räumliche Engpässe in Altbauten machten in zwei Fällen die vorübergehende Unterbringung von regulären Arbeitsbereichen im MNF erforderlich. Es ist beabsichtigt, den Ausnahmetatbestand auf diese beiden Fälle zu beschränken. Im übrigen gehen die Überlegungen dahin, das MNF weiterhin für alle Arten von Forschungsvorhaben zeitlich befristet vorzuhalten und es dabei mit einer gewissen Priorität den ökologisch ausgerichteten Arbeitsgruppen zu öffnen.

2.6 Zusammenarbeit mit der Wirtschaft

Seit 1995 intensiviert die Landesregierung mittels mehrerer neuer Förderungsprogramme die Zusammenarbeit der Universitäten mit der Wirtschaft. Zur "Förderung von wissenschaftlichem Nachwuchs" sollen qualifizierte Nachwuchskräfte in befristeten Projekten, die hälftig durch die Landesregierung und beteiligte Wirtschaftsunternehmen finanziert werden, zusätzliche Qualifizierungs- und Fortbildungsmöglichkeiten erhalten. In weiteren Programmen werden "Softwarelabors" an ausgewählten Hochschulen eingerichtet sowie "Transferstellen" als Serviceeinrichtungen auf- bzw. ausgebaut. Das in Tübingen meistgenutzte Programm zur "Personalsicherung für Existenzgründer aus den Hochschulen" hat in den letzten Monaten zu neun Bewilligungen bei elf Anträgen geführt. Landesweit kann die Universität Tübingen damit für sich in Anspruch nehmen, mit Abstand die meisten Förderanträge vorgelegt und die höchste Bewilligungsrate erreicht zu haben. Weiter fördert die Landesregierung die Einrichtung sog. "Steinbeis-Transferzentren" (vgl. 2.8.1) und in Karlsruhe ein "zentrales Technologie- und Lizenzbüro" für die baden-württembergischen Universitäten.

An der Universität Tübingen haben sich verschiedene Formen der Zusammenarbeit mit der Wirtschaft herausgebildet. Im Rahmen von Drittmittelprojekten kommen derzeit im Jahresdurchschnitt knapp 10 % der gesamten Drittmitteleinnahmen direkt aus Wirtschaftsunternehmen. Weitere Forschungsprojekte sind als EU- oder BMBF-geförderte Verbundprojekte mit der Bedingung verknüpft, daß ein bestimmter Anteil, z.B. 50 % der Projektkosten, aus der Wirtschaft finanziert wird. Rechnet man ferner dazu, daß weitere öffentliche Fördermittel bevorzugt für anwendungsnahe Kooperationsprojekte mit der Wirtschaft bewilligt werden, so ergibt sich, daß ein erheblicher Anteil der drittmittelfinanzierten Forschungsaktivitäten der Universität Tübingen an der Zusammenarbeit mit der Wirtschaft orientiert ist.

Die Wissenschaftler der Universität Tübingen werden bei ihren Aktivitäten im Wissens- und Technologietransfer bzw. bei ihren Kontakten zu Wirtschaftsunternehmen von mehreren Einrichtungen der Zentralen Verwaltung beraten und unterstützt.

Die Abteilung Wissenstransfer bearbeitet die Entwicklung und Durchführung von Programmen, Veranstaltungen und Kursen zur wissenschaftlichen Fort- und Weiterbildung mit und für Interessenten aus der Wirtschaft. Die Abteilung bietet zahlreiche Weiterbildungsveranstaltungen mit dem Schwerpunkt Verfahrenstechniken in Medizin und Naturwissenschaften an, die von Qualitätssicherung bei der Bioabfallkompostierung über Antikörperherstellung bis zu "Human Biomonitoring" reichen. Im gleichen Sinne wirken die von den Instituten in den Naturwissenschaften angebotenen Methodenkurse für Teilnehmer aus der Industrie, die zum Teil von den Fachgesellschaften, beispielsweise der Gesellschaft deutscher Chemiker, organisiert und gefördert werden.

Die Abteilung Europäische Forschungsförderung - Forschungsangelegenheiten im Geistes- und Sozialwissenschaftlichen Bereich berät und unterstützt bei der Zusammenarbeit von Wissenschaft und Wirtschaft im Rahmen von EU-Forschungskonsortien, insbesondere bei der Suche und der Vermittlung von Kooperationpartnern aus der Wirtschaft für EU-Verbundprojekte. Sie arbeitet bei der Antragstellung für Verbundprojekte mit Wirtschaftsunternehmen mit, und sie hilft bei den Vertragsverhandlungen mit der EU-Kommission sowie in Fällen, in denen die Universität die Projektkoordination durchführt, beim Projektmanagement.

Das Universitäts-Presseamt und die Abteilung Europäische Forschungsförderung - Forschungsangelegenheiten im Geistes- und Sozialwissenschaftlichen Bereich unterstützen öffentlichkeitswirksame Maßnahmen zur Vorbereitung von Kontakten zur Wirtschaft, beispielsweise durch die Vorstellung von aktuellen Forschungsprojekten, Entwicklungen und Kooperationsangeboten in den Medien, durch Expertenvermittlung für problembezogene Beratungen, durch begleitende Öffentlichkeitsarbeit zur Unterstützung der Wissenschaftler bei ihren Präsentationen auf Industriemessen, durch spezielle Veranstaltungen wie "Tage der Forschung" sowie durch Forschungsdokumentation, Forschungsberichte, Forschungsdatenbank und Informationen über staatliche Förderprogramme im FuE-Bereich.

Die Abteilung Forschungskontakte - Forschungsangelegenheiten im Naturwissenschaftlichen und Medizinischen Bereich berät und unterstützt Drittmittelprojekte zwischen Wissenschaftlern und Unternehmen, insbesondere bei der Vorbereitung von Kooperationen sowie bei Rechts- und Vertragsangelegenheiten.

2.6.1 Steinbeis-Transferzentren

Ministerpräsident Erwin Teufel besuchte am 17. November 1995 die Universität Tübingen, als im Rahmen einer größeren Veranstaltung die folgenden fünf neuen Steinbeis-Transferzentren vorgestellt wurden:

Im April 1996 ist noch ein weiteres Steinbeis-Transferzentrum dazugekommen:

In den Steinbeis-Transferzentren führen die verantwortlichen Wissenschaftler ihre Forschungsprojekte in Nebentätigkeit durch, während das Projektmanagement gegen Entgelt von der Zentrale der Steinbeis-Stiftung für Wirtschaftsförderung wahrgenommen wird.

2.7 Computerinvestitionsprogramm (CIP) und Wissenschaftlerarbeitsplatzprogramm (WAP)

Im Doppelhaushalt 1995/96 stehen für das Computerinvestitionsprogramm (CIP, Rechner für die Lehre) und für das Wissenschaftlerarbeitsplatzprogramm (WAP, Rechner für die Forschung) insgesamt 2.592.326,- DM zur Verfügung. Wie in den Vorjahren wurden die Pools durch Eigenbeiträge aufgestockt, so daß sich das gesamte Investitionsvolumen auf 3.945.796,- DM beläuft.

Es wurden 9 CIP- und 5 WAP-Anträge mit einem Gesamtvolumen von 2.803.470,- DM gestellt, davon befinden sich noch sieben im Begutachtungsverfahren. Für die CIP-Pools "Fakultät für Physik" und "Neuphilologische Fakultät" liegen Kassenanschläge vor.

Für die Beschaffung von aktiven Vernetzungskomponenten wurden 1.142.326,- DM reserviert.

2.8 Wissenschaftliche Geräteinvestitionen und Refinanzierungsbedarf

In Abbildung 1 sind für die Universität ohne Klinikum die Gesamtinvestitionen wissenschaftlicher Geräte ab 5.000,- DM Einzelbeschaffungswert, der jährlicher Refinanzierungsbedarf und die Netto-Investitionen dargestellt. Die absolute Investitionssumme 1995 beinhaltet auch die Erstausstattungsmaßnahmen für das Verfügungsgebäude in Höhe von 4,3 Mio. DM.

Läßt man letztere unberücksichtigt, so zeigt sich, daß sich die Situation bei den Geräteinvestitionen weiter dramatisch verschlechtert hat. 1995 erreichte die Investitionsumme absolut den niedrigsten Wert seit 1986. Sollte die rückläufige Tendenz bei den Haushaltsansätzen anhalten, ist eine Ausdünnung und Überalterung des wissenschaftlichen Geräteparks die zwangsläufige Folge. Dies kann nicht ohne Auswirkung auf die Forschung bleiben.

In Abbildung 2 ist die Entwicklung der EDV-Geräteinvestitionen ebenfalls mit Berechnung des jährlichen Refinanzierungsbedarfs und der Netto-Investitionen dargestellt. Auch hier erreichte die absolute Investitionssumme 1995 den niedrigsten Wert seit 1986, wenn man wiederum die Erstausstattungsmaßnahmen für das Verfügungsgebäude (432.000,- DM) unberücksichtigt läßt.

2.9 Forschungsschwerpunktprogramm des Landes Baden-Württemberg

(Siehe gedruckte Version)

Kap. 1 Kap. 3 Presse MAIL(michael.seifert@uni-tuebingen.de)

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